Orhan Pamuk hat sich in seinen Romanen immer wieder mit den Spannungen zwischen Orient und Okzident auseinandergesetzt. 1952 wurde er in Istanbul geboren. Er studierte Architektur und Journalismus. Zu seinen wichtigsten Werken zählen „Die Weiße Festung“, „Rot ist mein Name“ und zuletzt „Schnee“. Im vergangenen Jahr erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Sehnsucht nach dem Elfenbeinturm

Pamuk ist ein Autor, der sich immer wieder radikal politisch äußert, als politischer Autor will er allerdings nicht wahrgenommen werden. „Ich versuche, eine Balance zu finden zwischen dem Geschichtenerzähler und dem sozialen Kommentator“, sagte er vergangenes Jahr in einem FOCUS-Interview.

„Wenn man aus meinem Teil der Welt kommt, sehen einen die Menschen weniger als Erzähler und mehr als Kommentator. Ich habe damit so meine Probleme. Ich habe sieben Romane geschrieben, nur einer davon ist explizit und gewollt politisch. In den anderen geht es um Familiengeschichten, kulturelle Veränderungen und Geschichte. Tatsächlich war ich nie ein Aktivist, ich habe nie einer politischen Partei angehört oder irgendeiner anderen Organisation.“

Autor vor Gericht

Dennoch gehört er zu den profiliertesten Kritikern der Politik in seiner Heimat, was ihn Anfeindungen ausgesetzt hat. Nachdem er in einem Interview den Völkermord an den Armeniern in der Türkei angesprochen hatte, wurde er wegen „Herabsetzung des Türkentums“ vor Gericht gestellt. Der Prozess war im Westen heftig kritisiert worden. Er wurde Anfang dieses Jahres eingestellt. Nach seinen umstrittenen Äußerungen hatte Pamuk sogar Morddrohungen erhalten. Gegenüber FOCUS sagte er, es falle den Türken schwer, sich ihrer Geschichte zu stellen, weil „ihnen die Wahrheit über ihre Vergangenheit nicht beigebracht wurde“.


Kampf für die EU-Mitgliedschaft der Türkei

In „Schnee“ beschreibt Pamuk Probleme des Landes wie die innere Zerrissenheit oder die Kopftuchfrage. Er begrüßt die Reformen, die der türkische Staat verabschiedet hat, um reif für die EU zu werden. Weiß aber auch, dass dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist: „Wir werden erst in den kommenden Jahren sehen, ob die Türkei es wirklich verdient, Teil der Europäischen Union zu werden. Nicht Reformen und Gesetze machen ein Land zu einem Teil der EU, sondern die Kultur und die Menschen selbst. Aber ich bin optimistisch, weil sich Dinge ein bisschen verändern und verbessern.“

Entschieden plädiert er für eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU und gegen das Konzept einer „privilegierten Partnerschaft“, wie es deutsche Unionspolitiker entwarfen: „Ansonsten werden türkische Nationalisten sagen: Haben wir euch nicht schon immer gesagt, dass die Europäer so sind. Sie fordern etwas, und wenn man diese Forderung erfüllt, fordern sie etwas anderes. Unglücklicherweise versuchen diese deutschen Politiker, die europäische Idee ihrer Lokalpolitik unterzuordnen, und zerstören damit die Zukunft Europas.“

 

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