Jürgen Klinsman
2006.05.22. 15:29
Klinsi: So bin ich wirklich
Klinsi: So bin ich wirklich
Wer ist Jürgen Klinsmann?
Natürlich, unser Bundestrainer. Hoffentlich unser Weltmeister-Macher. Für einige ist er ein mutiger Reformer, für andere ein umstrittener Eigenbrödler.
So ganz anders als seine Vorgänger Beckenbauer, Vogts und Völler. Wer ist Jürgen Klinsmann (41) wirklich? Er sagt es uns selbst.
Das Abenteuer WM begann für Klinsi mit einem sehr bewegenden Versprechen. Bei seinem Antritt im Juli 2004 sagte er: „Ich wünsche mir, daß mein Vater bei unserem WM-Finale auf der Tribüne sitzt.“
Siegfried Klinsmann war damals bereits krebskrank und starb 9 Monate später.
Herr Klinsmann, werden Sie bei den WM-Spielen an ihn denken?
Die Antwort kommt nicht so schnell und glatt daher wie sonst viele Klinsi-Antworten. Er sucht Worte.
„Ja, ich denke täglich an ihn. Ich weiß, daß er da ist.“ Er deutet nach oben.
„Daß er am Tage des Finales bei mir ist. Irgendwo da oben. Ich versuche so oft es geht, sein Grab zu besuchen.“
Bevor die WM-Vorbereitung in Sardinien startete, besuchte er noch seine Mutter in Stuttgart.
Beten Sie?
„Nicht jeden Tag. Aber gelegentlich.“
Auch für einen Sieg beim Fußball?
„Wer vor einem Spiel beten will, soll es gerne tun. Ich finde es nicht unmoralisch, für seinen Erfolg zu beten. Ich bete allerdings nur mit der Familie.“
Die Familie. Das ist Mutter Martha (67) in Stuttgart. Das ist Ehefrau Debbie (36), ein früheres US-Fotomodell und heutzutage erstaunlich fotoscheu. Sie hatte der schwäbische Bäckersohn im Juni 1995 in Kalifornien geheiratet. Im Smoking, aber so heimlich, daß nicht einmal sein damaliger Klub FC Bayern Bescheid wußte. Mit Jonathan (9) und Tochter Leila (4) leben die Klinsis in Huntington Beach, südlich von Los Angeles.
„Ich sehe die Familie jetzt in der Vorbereitungsphase fast einen Monat nicht. Sie wird erst zu WM-Beginn nach Deutschland kommen. Wir planen, daß sie zu allen Deutschland-Spielen im Stadion dabei sind. Und ansonsten auch häufiger in Berlin. Doch die Zeit wird während des Turniers begrenzt sein.“
Es sind nur noch 18 Tage bis zum Eröffnungsspiel gegen Costa Rica in München.
Schlafen Sie schon unruhiger? Hatten Sie Alpträume, bevor Sie vor einer Woche Kuranyi und anderen Spielern den WM-Traum zerstört haben?
„Ich schlafe auch selbst vor großen Spielen sehr gut und träume nie von Fußball. Aber das war ein schwerer Tag. Man sitzt vor dem Telefon und hofft, die Entscheidung gut rüberzubringen. Ich weiß, daß derjenige am anderen Ende der Leitung kaum etwas dazu sagt. Er steht unter Schock. Und ich mußte auch schlucken. Ich hatte den Spielern die WM genommen.“
In diesen Tagen feilt er in der Schweiz mit den 23 Spielern, denen er die WM geschenkt hat, an Fitness, Taktik und dem Teamgeist.
Haben Sie schon den Tunnelblick, oder interessieren Sie sich noch für das Leben jenseits des Fußballs?
„Für meine Familie. Ich telefoniere täglich mit meiner Frau Debbie. Will wissen, ob in der Schule mit Jonathan alles okay ist. Wie jeder andere Familienvater auch. Aber ich gestehe: Die großen Themen der Weltpolitik rauschen zur Zeit etwas an mir vorbei. Für TV und Zeitungen bleibt mir kaum Zeit. Ich will die WM bewußt leben. Jeder Tag ist ein Tag zum Lernen.“
Klingt ein bißchen wie ein Psychologie-Handbuch, Kapitel 1. Zwei Bücher über Sportpsychologie liegen bei Klinsi tatsächlich im Gepäck. Und er hat kein Problem – im Gegensatz zu vielen anderen Trainerkollegen - offen zuzugeben, daß er auch den Team-Psychologen Hans-Dieter Hermann konsultiert.
„Ich denke, daß Fachleute uns hilfreich sind, uns Trainer zu coachen. Sie helfen, Dinge zu erkennen. Körpersprache, richtiges Auftreten vor der Mannschaft. Da korrigiert er mich schon mal oder weist daraufhin, wenn es in der Mannschaft Spannungen gibt. Ein wichtiger Ratgeber.“
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