Was sich so mancher Wähler denkt, hat jetzt der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány eingeräumt: Die Lüge dient Politikern als Mittel zum Sieg im Wahlkampf. "Wir haben morgens gelogen, wir haben abends gelogen."
Budapest - Das Eingeständnis des Regierungschefs wurde am Sonntag auf der Internet-Seite des ungarischen Radios (www.radio.hu) veröffentlicht. Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány hatte die klaren Worte bei einer nicht-öffentlichen Sitzung der Sozialisten gesprochen. "Wir haben morgens gelogen, wir haben abends gelogen", sagte er bei der rund 25-minütigen Ansprache vor Parteikollegen.
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Ferenc Gyurcsány: Lügen - ja, zurücktreten - nein
Nach den Parlamentswahlen im April, bei denen die sozialistisch-liberale Koalitionsregierung bestätigt wurde, kritisierte Gyurcsány in der Fraktionssitzung in zum Teil drastischen Worten die unter der seit 2002 amtierenden und von ihm seit 2004 geführten Regierung ausgebliebenen Reformen. "Wir haben kaum eine andere Wahl", sagte er. "Deshalb, weil wir es verbockt haben. ... Und in den vier Jahren haben wir übrigens nichts getan. Ich kann keine Regierungsmaßnahme nennen, auf die wir stolz sein könnten."
Im Juni hatte Gyurcsány ein Sparprogramm zur Eindämmung des Haushaltsdefizits, im Sommer Schritte zur Reform des Hochschulunterrichts und des Gesundheitswesens verkündet.
Nach Bekanntwerden der Äußerungen versammelten sich am späten Sonntagabend rund 3000 Menschen in Budapest vor dem Parlamentsgebäude. Sie forderten den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Dieser lehnte einen solchen Schritt im Fernsehen aber umgehend ab.
ler/Reuters/dpa
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